fr en de
portrait

Europa: Was die Kandidaten Ihnen nicht sagen werden

Bei jeder Europawahl bestimmen nationale abstrakte politische Debatten die Agenda, im Gegensatz zu den einfachen Realitäten. Der aktuelle Wahlkampf bildet dabei keine Ausnahme. Es mangelt an dem Offensichtlichen, den Erfolgen und an den europäischen Hoffnungen.

Die Beweise sind einfach. Sie sind geografisch, demografisch und demokratisch. Die Europäische Union ist der kleinste Kontinent der Welt mit 4 Millionen Quadratkilometern, verglichen mit 17 Millionen Quadratkilometern, die Russland einnimmt, den 8 Millionen Brasiliens, den 9 Millionen Amerikas, Kanadas und Chinas. Zwei Drittel der Weltbevölkerung leben in Asien und 83% der Weltbevölkerung sind keine Europäer. Unsere 512 Millionen Bürger werden Teil einer sehr kleinen Minderheit auf einem Planeten sein, der bald 11 Milliarden Menschen beherbergen wird. In der Geschichte war die Demografie oft dafür verantwortlich, dass sich die Machtverhältnisse änderten, die Entstehung oder das Ende einer Zivilisation kann man oft damit erklären. Das Gleichgewicht zwischen demokratischen Staaten und autoritären Regimen neigt sich immer mehr in Richtung der letzteren. Werden diese bald in der Mehrheit sein und unsere individuellen und kollektiven Freiheiten in Frage stellen?


 Diese Beweise deuten lediglich auf die Assoziierung und Vereinigung der europäischen Völker hin. Herausgefordert, steht ihr Überleben auf dem Spiel, aber auch das, was sie verkörpern: Europa ist Rechtsstaatlichkeit, Nichtdiskriminierung, Freiheit und Demokratie in einer Gesellschaft der Solidarität. Eine Welt ohne Europa wäre traurig und hoffnungslos.


 Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierten sich die europäischen Nationen, um ihre Kräfte zu bündeln. Dieses Wagnis, das 5 Jahre nach dem Ende des Kampfes begonnen wurde, hat alle Erwartungen übertroffen. Der Kontinent hat Frieden, Stabilität und Wohlstand zurückgewonnen, Dinge die damals unmöglich erschienen. Robert Schuman, der Initiator der europäischen Idee, hätte sich eine solche Leistung nie erhoffen können. Nur wenige nationale Politiker nehmen dies jedoch zur Kenntnis. Im Gegenteil, der Diskurs der Kandidaten bevorzugt immer mehr negative Ausdrücke und Beispiele von Europa. Jeder steht in Konkurrenz zu jedem mit seinen Änderungsvorschlägen, der Kritik und der Entwertungen gegenüber Europa, und damit beschädigen sie das Projekt. Auch wenn Europa offensichtlich die neuen Herausforderungen annehmen muss, ist es doch ganz anders, von einem Erfolg auszugehen, als sich von einem Misserfolg zu erholen! Der Aufbau des europäischen Projektes auf der Ebene der Weltgeschichte ist ein immenser Erfolg, kopiert, beneidet und gefeiert, während seine ersten Begünstigten ihre Zeit damit verbringen, Europa zu verunglimpfen, obwohl sie stolz darauf sein können.


Es ist in der Tat der Rahmen, der es uns ermöglicht, die ehrgeizigsten Erwartungen zu erfüllen. Gemeinsam bleiben die Völker Europas leuchtende Beispiele für Gesellschaften, in denen Kultur, persönliche Entwicklung, Achtung von Unterschieden und Rechten und nicht nur Geld, Macht und Stärke die Grundlage für eine Mitgliedschaft bilden. Vereinigte, europäische Staaten können ihren Mitbürgern garantieren, dass sie am Ende dieses Jahrhunderts noch im Trio der Großmächte verbleiben werden. Vereint verfügen sie über die wirtschaftlichen, finanziellen, technologischen und politischen Mittel, um in dem von den großen kontinentalen Staaten ausgetragenen Wettlauf, um die Hegemonie zu bestehen.


 Aus diesem Grund stellt sich die Frage des Schutzes nicht mehr. Europa beschützt uns bereits. Es muss sich nun in die Welt projizieren und sich nicht mehr nur auf seine internen Ziele konzentrieren. Es muss sich durch Innovation und Risikobereitschaft der Zukunft stellen. Damit dies geschieht, braucht es keine permanente, triste Selbstkritik, sondern ehrgeizige, konstruktive und positive Diskurse, nur dadurch ist es möglich, ein stolzes Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln.

signature