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Die willkommene Rückkehr der deutsch-französischen Vertrautheit


Indem er sein politisches Handeln in den Kontext der Beziehung zu Deutschland stellt, bricht der neue französische Präsident mit Jahren der Routine. Natürlich nimmt seine Politik Rücksicht auf die nationalen Interessen seines Landes, doch ermöglicht sie eben auch einen europäischen Neuanfang. Die deutsche Kanzlerin hat dies vernommen und sich deutlich offen gezeigt, mit dem großen Nachbarn zusammenzuarbeiten.

Für Deutschland und Frankreich gibt es nur in enger Zusammenarbeit eine positive Zukunft.

Das heißt nun nicht, dass man sich stets einig sein muss. Doch muss es in dieser Beziehung erlaubt sein, dem Partner alles zu sagen.

Wenn Einigungen und gar Kompromisse erzielt werden, wenn man sich auch einmal nicht versteht und doch die Zwänge des anderen mitdenkt, dann ist man bereits auf dem richtigen Weg.

Ein solches Verhältnis nennt sich Vertrautheit.

Die Pressekonferenz, die Emmanuel Macron und Angela Merkel beim Europäischen Rat am 22. und 23. Juni gemeinsam hielten, sprach in dieser Hinsicht Bände.

Diese neue Herangehensweise, die bereits eine Politik an sich ist, bricht mit Jahren der Indifferenz und des Laisser-aller, die beiden Seiten Schaden zugefügt hatten.

Auch wenn Helmut Kohl, der große Europäer, uns soeben verlassen hat, so hat er dafür doch den Beweis erbracht. Wäre die deutsche Wiedervereinigung so friedlich und erfolgreich verlaufen ohne seine Vertrautheit mit Francois Mitterrand? Wo stünde ohne sie Europa heute?

Indem sie gemeinsam handeln, erweisen Macron und Merkel deshalb allen Europäern einen enormen Dienst. Sie gehen mit gutem Beispiel voran und zeigen einen neuen Integrationspfad auf, der für alle 27 akzeptabel ist.

Der deutsch-französische Ministerrat am 13. Juli wird eine wunderbare Gelegenheit bieten, um neue Projekte auf den Weg zu bringen und Fortschritte zu machen bei Themen, die für die ganze Union wichtig sind. Schon jetzt wird daran gearbeitet, die Steuerung der Eurozone zu verbessern. Schon jetzt macht die Union Fortschritte in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung. Schon jetzt ergreifen die gemeinsamen Institutionen die Initiative, um die Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedstaaten abzubauen.

Über den Papiertiger eines Europa des harten Kerns und der zwei Geschwindigkeiten braucht man unterdessen nicht zu sprechen. Einstweilen reicht es aus, mit gutem Beispiel für eine engere Kooperation voranzugehen, die jeden respektieren, also auch jene, die nicht wollen oder können. Die Herausforderungen liegen auf der Hand: Sicherheit, Verteidigung, Wirtschaft, Migration. Diejenigen, die zusammenarbeiten, um diese Fragen zu lösen, werden der gesamten Union dienen.

Den Weg dafür freizumachen ist nun die Aufgabe Deutschlands und Frankreichs, der zwei unverzichtbaren Mächte des Kontinents.


 
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