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Die Rückkehr der Gewalt in Europa

Die Politik in Europa gleicht mehr und mehr dem Fußball. Für die Krawallmacher auf den Tribünen und in den Straßen dreht sich die Europameisterschaft um Tritte und Schläge. Welch’ Freuden des Sports!


Ähnlich verhält es sich mit der Politik. Auch die Populisten sind mit Angriffen auf die Europäische Union, mit dreisten Lügen, mit altbacken rassistischen Parolen und widerlichen Argumenten großgeworden. Überall auf dem Kontinent finden Extremisten, Nationalisten, und Anti-Elitäre in den europäischen Institutionen ein leichtes Ziel, auf das sich ihr Hass auf ihre Politiker verdichten kann. Hier sind ideelle Krawallmacher an ihrem üblen Werk.


Großbritannien, eine geradezu exemplarische parlamentarische Demokratie, ist nunmehr deren Opfer geworden. Extremisten haben die Kampagne zum Referendum nächste Woche auf eine derartige Weise in Flammen gesetzt, dass ein Geisteskranker sich verpflichtet fühlte, zu handeln. Eine junge Abgeordnete wurde ermordet.


Seit fünf Jahrhunderten steht Europa im Zentrum der Welt der Entdeckungen und Erfindungen, der Künste und Ideen. Fünf Jahrhunderte, um Abenteuer zu bestehen, zu erkunden, sich umzusehen und das Denken voranzutreiben. Sicherlich haben die Europäer angesichts einer sich so schnell wandelnden Welt Angst vor dem Niedergang. Doch diesem haftet nichts Schicksalhaftes an: Die 28 Mitgliedstaaten der EU weisen das größte Bruttoinlandsprodukt der Erde aus, repräsentieren die größte Handelsmacht der Welt, werden in diesem Jahr fast so stark wachsen wie die USA. Und sie bieten uns Bürgern beste Lebensqualität, beste Versorgung und größtmöglichen Schutz.


Um jedoch diese Vorreiterrolle zu bewahren gegenüber der steigenden Komplexität der wechselseitigen Abhängigkeiten, den veränderten Machtverhältnissen, der fortschreitenden technologischen Entwicklung, müssen unsere Politiker neue Maßnahmen ergreifen. Diese sind oft schmerzhaft, umfangreich oder, wie im Bereich der Wirtschafts- und Haushaltspolitik, einfach nur seriös. Die populistische Antwort jedoch nährt sich aus diesen Maßnahmen, mit einer Gewaltsamkeit, die wir seit 70 Jahren nicht mehr kannten. Sie ist laut, übertrieben und ungesund. Sie ergreift die Seelen und wird greifbar, ob als Unfall oder in voller Absicht.


Bevor es zu spät ist und sie nicht mehr einzufangen ist, wird es Zeit, sich zu besinnen. Und zu zeigen, dass die Krawallmacher, selbst wenn sie sich nur der Zerstörung ideeller Güter verschreiben, nicht die Gesetze machen. Die Zeit der Erbauer, der Konstrukteure, muss nun wiederkehren. Anstatt sich permanent auf die Schwierigkeiten Europas zu fokussieren, die in Wahrheit die Schwierigkeiten aller Demokratien sind, müssen sich die europäischen Politiker daran machen, den europäischen Motor, der ob ihrer Gleichgültigkeit stottert, wieder anzuwerfen, ihn neu zu konstruieren, Vorschläge zu seiner Reparatur zu unterbreiten. Alles steht dafür bereit und wir kennen die Probleme, die europäischer Lösungen und einer verstärkten Kooperation unter den Europäern harren. Sie betreffen sowohl die Wirtschaft als auch die Sicherheit. Wir warten voller Ungeduld.

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