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portrait

"Europa ist nicht einfach so entstanden, dafür kam der Krieg"

(Robert Schuman - 9 Mai 1950)

Es bleiben noch einige Monate, um Europa frohgemut zu bejahen, weil es uns den Frieden gebracht hat.


Der vierte Satz der Schuman Erklärung hat den Kurs der europäischen Geschichte verändert. Im Lichte der aktuellen Geschehnisse regt er zum Nachdenken an.


Die Europäische Integration hat uns 70 Jahre lang den Frieden beschert auf einem Kontinent, der dazu über Jahrhunderte hinweg nicht in der Lage war.


Trotz all seiner Unzulänglichkeiten, seines vorsichtigen Herantastens und seiner Fehler, hat es uns dieser Frieden erlaubt Europa neu aufzubauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag es komplett am Boden.


Im Gegensatz dazu liegt Europa heute weltweit an der Spitze, wenn es um seine Stellung in der Wirtschaft, dem Sozial- und Gesundheitswesen und in Gerechtigkeitsfragen geht.


 


Aber die europäische Einheit bleibt unvollständig, wenn der Krieg wieder ein fester Bestandteil der Politik wird.


Nur damit eines klar ist: Wir befinden uns nicht im Krieg! Aber er kommt uns leider immer näher.


Denken wir nur an die Ukraine, die sich ohne Zweifel im Krieg befindet. Nahezu 6000 Menschen sind dort in weniger als einem Jahr ums Leben gekommen. Oder denken wir an die Kampfeinsätze in Afrika und dem Nahen Osten, wo europäische Soldaten in Kämpfe verwickelt sind. Und natürlich dürfen wir auch die jüngsten Anschläge auf europäischen Boden - in Belgien, Frankreich, Dänemark - nicht vergessen.


 


Wir Europäer sehen uns aufs Neue mit einer großen Bedrohung konfrontiert: Der Logik des Krieges. Vor ihr würden wir am liebsten - und mit allem Recht - die Augen verschließen. Um die innere Sicherheit zu stärken und Grenzen zu sichern, fordern deshalb alle Beteiligten nun die europäische Kooperation zu stärken und vielfältige Mittel aufzufahren.


Allerdings sind es oft dieselben, die ihre Länder diesen Gefahren überhaupt erst aussetzen, weil sie sich aus alten nationalen Reflexen heraus beharrlich weigern Verantwortung zu teilen.


Diese haben auch die Zeit damit vertan, sich dem europäischen Projekt als Ganzes zu verweigern, nur wegen einiger Schwierigkeiten. Sie haben den europäischen Gedanken in seiner Gesamtheit kritisiert, ohne feine Unterschiede zu machen oder einen Anspruch auf Objektivität. Und deshalb sind sie auch die Verantwortlichen für die aktuelle schwäche Europas und jedes einzelne unserer Länder. Die internationale Instabilität greift um sich, die Ungewissheiten nehmen rapide zu, ebenso wie die Konflikte an unseren Grenzen. Aber wir Europäer haben nichts Besseres zu tun als uns immerfort mit anderen Europäern über Quoten beim Fischfang, die Visavergabe oder ordentliche Finanzen zu streiten!


"Ihr wolltet Europa nicht, jetzt habt ihr den Krieg direkt vor der Haustür!"


 


Ist es möglich, dass unsere europäischen Eliten endlich verstehen, dass ein ständiges Nein-Sagen unseren Kontinent ins Unheil stürzt?


Und was ist mit ihrer Aufgabe endlich die Kooperation Europas auf nahezu allen Gebieten voranzutreiben, ist das nicht schon eine ganze Menge? Und was ist mit der öffentlichen Meinung? Viele denken bei Europa nur an ein entferntes Monstrum, das sich zaudernd, hektisch und ängstlich verhält. Werden die Politiker ihre Verantwortung wahrnehmen und die europäische Integration wiederbeleben bevor es zu spät ist? Europa von Innen heraus zu zerstören, bedeutet auch es nach Außen zu schwächen. In den meisten Hauptstädten geben mittlerweile die Zweifler und Kritiker den Ton in den politischen Debatten an. Es sind diese Euroskeptiker, die Europa bedrohen.


An alle Zyniker, Demagogen, Extremisten und Radikale auf dem ganzen politischen Spektrum: Hört auf an dem Ast zu sägen, auf dem wir alle sitzen. Es mangelt wahrlich nicht an Themen, um sich zu echauffieren. Aber am besten sollte das mit den entsprechenden Taten geschehen - und mit neuem Glauben an Europa und die Dinge, auf die es ankommt: Wirtschaft, Immigration, Sicherheit und Verteidigung (...) Und denjenigen, die jetzt noch immer über diesen Appel lachen mögen, denen sei geraten sich in den Osten der Ukraine zu begeben, nach Libyen, Syrien, den Irak, den Norden Malis, nach Nigeria oder Kamerun. Das sind allesamt Gebiete, die nicht weit von unseren Grenzen entfernt liegen.


 


Alle die jetzt ernsthaft nach konkreten Mitteln suchen, um Europa wiederzubeleben, sollten alle Hindernissen, die einer wirksamen Wirtschaft, Justiz und Sicherheit im Weg stehen, aus dem Weg räumen. Sie sollten sich vielleicht auch ein Beispiel an der deutsch-französischen Initiative in der Ukraine nehmen: Diese kam spät und war doch nicht vergeblich; sie konnte nicht vollkommen überzeugen, und war doch notwendig.


 


Mit dem Schlimmsten zu rechnen - dem Zusammenbruch der Staaten oder dem Krieg - heißt nicht davon überrascht zu werden. Einmal den Kopf heben und zurückschauen - unsere Vorgänger haben genau das manchmal getan.


Und es war oft nicht das Schlechteste.

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