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Können wir Europa feiern?

Am 9. Mai feiern wir Europa. 

Was feiern wir an diesem Tag? Wir feiern Robert Schuman und seinen zunächst unsinnig erscheinenden Plan, der schließlich dem kriegerischen Kontinent den Frieden zurück brachte und den Jean Monnet ausgearbeitet hatte. Robert Schuman stellte sich den damaligen Herausforderungen, er überwand die Beharrungskräfte seiner Zeit und erweiterte die Grenzen der Europäer, indem er ihnen das vereinte Europa als neue Grenze präsentierte. 62 Jahre später können wir die Erfolge sehen. Europa wurde aufgebaut, umgebaut und bereichert, bis es zum Kontinent mit dem höchsten Wohlstand weltweit wurde.

Diese Erinnerung verpflichtet uns heute. Wir haben es uns bequem gemacht in einem friedlichen Europa, das sich langsam vereinigt und in dem wir seit über 20 Jahren über unseren Verhältnissen leben, während die Welt sich ändert, neue Technologien so stark zunehmen wie die Weltbevölkerung, die uns zu einer Minderheit werden lässt. Arbeitslosigkeit, insbesondere Jugendarbeitslosigkeit, Stagnation oder Rezession, Überalterung, aber auch ängstlicher Rückzug, Extremismus, Anstrengungsverweigerung, Unsicherheit, Angst, dies ist das Bild, das Europa an diesem 9. Mai 2012 abgibt.

Wir sollten Europa feiern, nicht allein für das, was es uns gebracht hat, sondern für das, was es uns verspricht. Doch Europa ist nur das, was die Mitgliedstaaten und ihre Bürger aus ihm machen. Im Moment zögern sie, sie basteln an Pakten und Reformen, ohne sich mit dem Wesentlichen zu beschäftigen.

Wir müssen warten, bis einige mutige Führer die Kühnheit haben werden, den Schlussakt einzuläuten und den Schritt hin zu einer wirklichen europäischen Integration zu wagen, die unsere einzige Rettung ist. Dieser Weg führt, einmal mehr, über Deutschland und Frankreich. Beide Länder wollen Wachstum, Stabilität und Wohlstand fördern – wenn sie vorschlagen würden, ihre Haushaltsmittel, ihre Schulden und ihre Wirtschaftspolitik zusammen zu führen, stünden sie auf einer Ebene mit Hamilton, der im Jahr 1789 die Schaffung eines nationalen Finanzministeriums in den Vereinigten Staaten erwirkte, die zu diesem Zeitpunkt zersplittert und finanziell ruiniert waren und deren Währung stark an Wert eingebüßt hatte.

Der Sprung hin zu einem föderalen System wäre keine Flucht nach vorn, sondern die einzig logische Konsequenz unserer bisherigen Bemühungen. Es würde uns vor den angekündigten Turbulenzen bewahren, unsere Kräfte bündeln und eine Möglichkeit der Schuldenübernahme und –rückzahlung eröffnen, um die Wirtschaft von morgen zu gestalten, mit jungen Menschen, Innovation und Modernität.

Dies wäre eine andere Revolution, der Beginn eines neuen Zeitalters in der Geschichte Europas für die nächsten 50 Jahre, wenn nicht noch länger. Es wäre nicht nur eine Feier, sondern eine Hoffnung.

 

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