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Mangelnde Loyalität

Die Entscheidung Griechenlands, die europäische Einigung vom 26. Oktober zur Rettung des Landes vor dem Bankrott einem Referendum zu unterstellen, ist legitim. Angesichts der Tatsache, dass der griechische Premierminister Georges Papandreou nicht in der Lage war, die Bürger Griechenlands von den notwendigen Anstrengungen zu überzeugen, die von ihnen im Gegenzug zu den umfassenden Hilfsleistungen erwartet werden, kann Papandreou kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er sich nun direkt an das Volk wendet.

Die Umsetzung seiner Entscheidung ist jedoch nicht zu vereinbaren mit dem europäischen Geist und sie steht auch dem Kooperationsprinzip des Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union entgegen, der besagt: „Die Mitgliedstaaten unterstützen die Union bei der Erfüllung ihrer Aufgabe und unterlassen alle Maßnahmen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten.“ (§ 4 Abs. 3 S. 3 des EU-Vertrages). Die einzelnen Mitgliedsländer sind momentan von der Krise gebeutelt und dies in noch stärkerem Ausmaß als es bei der Union als ganzes der Fall ist.


Seit 2010 hat die Krise bereits sieben Regierungen hinweg gefegt. Es ist offensichtlich, dass kein Land allein mit der Situation fertig werden kann, dennoch wird weiter gemacht, als ob sich nichts geändert hätte. Diese Haltung ist leider weit verbreitet innerhalb Europas, das seine Zukunft nur noch von der Schwelle seiner eigenen engen Staatsgrenzen zu sehen scheint und im Schimmer von Eigeninteressen.


Es müssen die notwendigen Konsequenzen gezogen werden, um Europa auf die Zeit nach der Krise vorzubereiten. Europa, das aufgebaut ist auf den Prinzipien der Demokratie, muss diesen Prinzipien treu bleiben, es muss sie auf europäischer Ebene durchsetzen und verhindern, dass sie mit kaltem Zynismus gegen die europäische Partnerschaft eingesetzt werden, unter Hinnahme des Risikos, die geduldige Arbeit der anderen Partnerländer zu zerstören.


Die Griechen haben jetzt die Wahl, die hilfsbereit gereichte Hand zu ergreifen oder den Rückschritt zu wählen, der sie 30 Jahre zurück werfen kann. Ihre Entscheidung wird jedoch Auswirkungen auf die gesamte europäische Wirtschaft haben, sogar auf die Weltwirtschaft. Es bleibt zu hoffen, dass die europäischen Entscheidungsträger ihnen dies klar und deutlich sagen. Ebenso bleibt zu hoffen, dass Europa Griechenland dazu zwingt, das Referendum schnell abzuhalten, um die Unsicherheit nicht bis Januar oder Februar aufrecht zu erhalten. Bis dahin könnten sich sehr viel Geld, sehr viele Arbeitsplätze und sehr viel Wohlstand in Luft aufgelöst haben, allein aus dem Grund, dass die griechische Regierung es nicht vermochte, ihre Bürger zu überzeugen.


Das ist inakzeptabel.


Papandreou hatte vielleicht keine Wahl, aber er wurde auf frischer Tat bei einer großen Illoyalität ertappt.

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