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Die extreme Rechte in Europa

Die äußerste Rechte ist mit 20 Abgeordneten und 5,7% der Stimmen ins schwedische Parlament eingezogen. Die Mehrheit der europäischen Länder ist nunmehr mit deren starker Zunahme konfrontiert. Schon bei den Europawahlen von 2009 wurden in 13 Mitgliedstaaten Wahlergebnisse der extremen Rechten von über 5% verzeichnet, und 38 Abgeordnete der äußersten Rechten sind nun im Europäischen Parlament vertreten. 


Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten können diese Entwicklung nicht hinreichend erklären. Die Öffnung der Grenzen infolge der Globalisierung ruft offensichtlich Verunsicherung hervor, die der Populismus in identitätsbezogene Reaktionen umwandelt. Mythen und nationalistisches Verhalten, eine bestimmte ethnische Vision der Nation, eine wirkliche kulturelle Ausländerfeindlichkeit und sogar rein rassistisches Verhalten kommen wieder zum Vorschein. Und die äußerste Rechte ruft dies hervor, indem sie die Einwanderung, den Islam und die Unsicherheit dafür verantwortlich macht.


Europa, der Kontinent der Mobilität schlechthin, der mehr als 900 Millionen Grenzüberschreitungen pro Jahr verzeichnet, ist das wichtigste Einwanderungsziel geworden. Obwohl Europa eine Einwanderung bräuchte, um die Alterung seiner Bevölkerung, welche bis 2060 um ein Viertel schrumpfen könnte, zu bewältigen, zählt es nur 20 Millionen Ausländer, also weniger als 5% seiner Einwohner. Hierzu muss man noch ca. 8 Millionen illegale Ausländer rechnen. Aber Europa scheint nicht mehr in der Lage zu sein, diese Neuankömmlinge zu integrieren, von denen 60% Muslime sind, und die sich immer mehr in ihre identitätsbezogenen Partikularismen zurückziehen.


Die Attentate vom 11. September 2001, der Terrorismus und der Krieg der Fundamentalisten gegen den Westen haben die Spannungen mit dem Islam erhöht, der nunmehr im Visier von allen rechtsextremen Kampagnen ist. Das Spektrum des Religionskriegs ist nicht weit.


Europa trägt mit seinem Zögern und seinen Schwächen dabei seine eigene Verantwortung.

Wir sollten uns daran erinnern, dass eine Kritik Europas gleichzeitig eine Selbstkritik darstellt. Hierbei kann man mit den nationalen Regierungen beginnen, welche diesbezügliche Orientierungen festlegen. Wir erinnern uns oft an die Debatten über die Präambel der Europäischen Verfassung, bei denen die Anerkennung der christlichen Wurzeln Europas verweigert wurde. Wir wissen, dass Europa es sich verbietet, über seine Identität und über seine Grenzen zu sprechen, dass es Mühe hat, sich auf der internationalen Bühne zu behaupten, und dass es auf einen „Zugehörigkeitsstolz“ verzichtet, der die Europäer beruhigen könnte. Europa schafft es nicht, eine effiziente und klare gemeinsame Immigrationspolitik zustande zu bringen. Es hat auch noch keine gemeinsame Verteidigungs- und Sicherheitspolitik geschaffen, und dies v. a. weil die Staaten trotz der öffentlichen Meinung nicht den entscheidenden Schritt nach vorne gehen möchten. Die Institutionen der EU bereiten ihrerseits weiterhin mechanisch endlose Erweiterungen vor und scheinen eine bürokratische Schüchternheit der Politik vorzuziehen, um die Themen anzugehen, die am meisten beunruhigen. Europa zahlt dafür den Preis des Rückgangs seiner Integration. Die extreme Rechte zeigt sich also massiv feindselig gegenüber der europäischen Integration, die sie anklagt, im Dienst der Globalisierung zu stehen und Identitäten zu zerstören. Aber dieser Nationalismus wird vor allem durch Angst genährt, und dieser Extremismus spricht mit Erfolg das Verlangen nach Schutz an.


Im Hinblick auf die zunehmenden Probleme, auf die die Regierungen der europäischen Länder stoßen, um auf die drängenden Forderungen von denjenigen zu reagieren, die ungeduldig werden und sich an die Protestwahl gewöhnen, besitzen die Regierungen Europas, die mit der Radikalisierung des Verhaltens und der Reden konfrontiert sind, ein einzigartiges und noch nie da gewesenes Werkzeug: ein werdendes Europa, das die größte Wirtschafts- und Handelsmacht der Welt geworden ist.


Der Weisheit und ihrem Interesse nach sollten sich die Regierungen Europas voll dafür einsetzen, gemeinsame Politiken zu entwickeln, v. a. in schwierigen Bereichen wie der Einwanderung, der Sicherheit und der Verteidigung.  Und das, falls notwendig, mit nur wenigen Mitgliedstaaten.


Eine Wendung ist immer noch möglich. Sie würde es uns gleichzeitig ersparen, in die Fehler der Vergangenheit zurück zu fallen, die wir nicht mehr erleben möchten. 


 

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