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Welche Europapolitik sollte der neue französische Präsident verfolgen?

Wenn man den Aufbau der Europäischen Union diskutiert, kommt es unter Franzosen sehr schnell zu hitzigen Diskussionen. Es gibt reichlich Stoff für Diskussionen zwischen denen, die all den Sorgen entgegentreten, denen, die eine große Wut angestaut haben, weil sich die Verwerfungen in der Welt als immer schlimmer herausstellen, und den dritten, die es sehr eilig haben, neue institutionelle Großreformen zu verabschieden. Was aber, wenn die wahren Antworten viel einfacher sind?

Frankreich beteiligt sich von Beginn an am Projekt, das die Völker annähern soll und die Kooperation der Staaten verbessern soll. Diese Weltregion, die geografisch gesehen so klein erscheint, aber so reich an Kultur, Wirtschaft und Geschichte ist und immer zu Höchstleistungen imstande war und sein wird. Dieses Konstrukt hat die Hoffnungen seiner Gründer bei weitem übertroffen. Heute jedoch steht die Union vor neuen Herausforderungen, wie auch andere Institutionen auf der Welt. Diese zu bewältigen ist wichtig und teilweise auch essenziell. Die Europäer müssen ihre Innere und Äußere Sicherheit gegenüber neuen Bedrohungen sicherstellen. Auch im Angesicht von weiterhin hohen Flüchtlingszahlen. Die Wirtschaft der Staaten Europas muss sich der neuen Weltlage anpassen und dabei ihr ökonomisches Modell erhalten. Für die drängendsten der kommenden Aufgaben braucht Europa Pragmatismus, dieser ist wichtiger als die reine Vorstellungskraft. Der französische Präsident, der am 7. Mai gewählt wird, sollte nicht den Fehler seiner Vorgänger wiederholen und nach Zauberformeln suchen, sondern Taten sprechen lassen, die Europa voranbringen. Frankreich war bisher recht abwesend in der Europäischen Union und es wird zurückerwartet. Die Vorschläge des Landes sollten konkreten Charakter haben und das Glück betonen, das wir mit unseren verlässlichen Alliierten haben. Dies werden wir deshalb konkret vorschlagen.

Nach den deutschen Bundestagswahlen am 24. September 2017 ergibt sich die Möglichkeit einer neuen Initiative, die man mit Ideen füllen sollte, um der Zukunft Rechnung zu tragen. Manch einer denkt dabei zuerst an Frankreich und Deutschland und die Möglichkeit, steuerliche Konvergenz herbeizuführen und den Euro zu langfristigem Erfolg zu verhelfen. Manch einer denkt, dass Frankreich viele Trümpfe in der Hand hält und in der Lage sein könnte, eine stabile Verteidigung für Europa aufzubauen. Dies müsste natürlich im Einklang mit den anderen europäischen Mächten geschehen, ohne jedoch Großbritannien zu vergessen, auch wenn es sich durch den Brexit in eine andere Rolle als bisher begeben wird und zum jetzigen Zeitpunkt etwas isoliert auf der europäischen Bühne steht. Andere wiederum werden denken, dass es von ungeheurer Wichtigkeit ist, eine gemeinsame Antwort auf die Flüchtlingsfrage zu finden und die Grundlagen für eine europäische Flüchtlingspolitik zu legen, die unsere Werte respektiert und gleichzeitig die Migration so steuert, wie es gut für Europa ist. Bei all dem ist es wichtig, auch offen für andere Staaten zu sein, die diesen europäischen initiativen beitreten wollen. Das ist die Integration des guten Beispiels.

 Der neue französische Präsident muss ein vorbildlicher Europäer sein; er kann die Stimme Frankreichs sein, wenn über dringende europäische Reformen diskutiert wird und er sollte Initiativen anstoßen, wenn es nötig ist. Darum ist es wichtig, ein Vorbild zu sein und geleichzeitig das politische Spiel zu spielen. Dazu ist es außerdem vonnöten, die eigenen innenpolitischen Schwierigkeiten zu beseitigen, den Haushalt zu konsolidieren und die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Pragmatismus, Effizienz, Reaktionsschnelligkeit: ist es nicht das, was sich die Franzosen wünschen und worauf die Europäer warten?



 


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